Beinprothese für den Gemeinderat

Beinprothese geplant für einen Gemeinderat in der Stadt Yarbayah, wo er sich beim Neubau unserer Clinic sehr verdient gemacht hat

30. Juli 2019

Es ist unglaublich, welch meilenlangen Geduldsfaden man in Africa haben muß! Seit wenigen Tagen nun erst hat Arthur die 500.- US-Dollar in Händen, die wir versuchten ihm zu schicken, damit er seine Orthopädie-Technikerin bezahlen kann.

Doch beginnen wir mit dem Erzählen von Anfang an, d. h. dem persönlichen tReff während unserer Liberia-Reise im Februar diesen Jahres:

Wir fuhren gemeinsam mit Arthur zur Orthopädie-Werkstatt ins JFK-Hospital. Fast wie erwartet, beschied uns die „Vorzimmerdame“ erstmal zu warten. Nach langer Zeit und geduldigem Lauschen des Gelächters ging ich einfach hinein in deren Räume und wie erwartet saßen die weiblichen Helfer um den Orthopädie-Techniker herum und amüsierten sich über selbstgedrehte Videos. Mit diplomatisch aufdringlichster Herzlichkeit drängten wir ihn, uns den Grund für die nunmehr fast ein Jahr lang dauernde Verzögerung, Material für eine Beinprothese zu besorgen. In blühendem Wortschwall fand er Entschuldigungen, bis wir ihn drängen konnten, mit seinem Vorgesetzten zu sprechen. Nach nur einer Stunde Wartens ließ uns dieser in seinem Büro empfangen. Es war offensichtlich, daß hier nur am Dienst-Laptop gespielt wurde, es aber keine Arbeit gab. Der übergewichtige Leiter der Abteilung versprach, uns einen Termin zu geben, an dem dann alles schnell geklärt werden könnte.

In dem Gefühl, daß alles so ablief wie erwartet, fuhren wir davon. Selbstverständlich dachten wir nicht im Ernst daran, daß dieser Mann sein Versprechen einhalten könnte. Und wenn, so würde es nur warme Luft bringen.

Im gemieteten Taxi sitzend hörten wir plötzlich aus dem Munde einer unserer Begleiterinnen die Überraschung des Tages: sie hätte von einem Bekannten erfahren, dass es da doch noch eine Orthopädie-Technikerin im Land geben solle. Und sogar nicht mal weit entfernt! Sofort fuhren wir hin.

Wir mussten etwas warten. Derweil sahen wir mit zunehmender Überraschung diverse gebrauchte Beinprothesen und im großen Raum des Hauses, an dem ein Schild „Orthopädie-Studio“ hing, sogar Übungsgeräte für Körperbehinderte, die so schienen, wie wenn sie öfters benutzt würden.

Dann erschien Doris. Sie war vom ersten Moment an sympathisch. Und sie sprach bei ihren Erklärungen, was sie tut, durchgehend nicht ein einziges Mal von angeberischen Luftblasen, sondern kam gleich zur Sache. Dies ging sogar so weit, daß sie Arthur sofort Maß nahm an seinem Beinstumpf.

Es wurden erste Termine gemacht und ein kleiner Vorschuss bezahlt. Alle waren wir höchst erstaunt und erfreut! Doris, das war ihr Geschäftsgeheimnis, hatte durch ihre Fortbildung in Tansania Quellen für Prothesenmaterial in anderen Ländern erfahren. Und das und ihr Wille, damit zu arbeiten, machten den irrsinnigen Unterschied aus zu der Regierungsstelle. Dort war sie übrigens früher in die Lehre gegangen.

Man mag nicht völlig abstreiten, daß diese Regierungsstelle im JFK-Hospital auch Material aus diesen ausländischen Quellen erhält. Doch ob die Beamten dieses privat verkaufen, ist eine nicht auszuschließende Möglichkeit.

Nun fährt Arthur also alle paar Wochen in jeweils einer Tagesreise nach Monrovia zu Doris´Studio und übt mit seinem Beinstumpf. Er muss erst gerade werden, damit die Prothese ihm passt.

Bei unserem Abflug am 1. April konnten wir Arthur für Doris noch eine weitere Anzahlung von 300.- US-Dollar geben. Denn sie teilte uns realistische Preise von 1.250.- US-Dollar mit.

In Deutschland angekommen, dauerte es einige Zeit, bis ich die Zeit fand, Arthur die nächste Rate für Doris´Arbeit zusenden. Wir taten das mit einer etablierten Geldversand-Firma, mit der wir seit Jahren beste Erfahrungen gemacht hatten; – RIA. Sie sind günstiger als Money-Gram oder Western-Union.

Doch dann kam die nächste frustrierende Überraschung:

Wie wir schon gerüchteweise gehört hatten, besteht die Regierung von sofort darauf, daß Banken nur noch Gelder auszahlen, wenn sich die Empfänger mit einer sogen. „National-ID-Card“ ausweisen können. Das ist eine Art Personalausweis. Bisher galten einfachste ID-Cards, welche von der Kirchengemeinde der Person oder dem Arbeitgeber oder die Voter Cards zur Wahlregistrierung ausgestellt waren, da die Administration im Land sich vom langen Krieg noch nicht erholt hatte. Doch diese Karten zu bekommen, dauert oft Wochen!

Arthur hatte also nun endlich eine bekommen, um sich das geschickte Geld abzuholen, da teilte ihm die Bank mit, daß das Geld nun nicht mehr verfügbar sei! Der Grund war, weil es nach Versenden nur zwei Monate abholbereit bleibt und dann wieder zurück geschickt wird.

Nun mußten wir also nochmal nach München fahren, um diese zweite Rate für die Beinprothese wieder nach Liberia zu senden. Gott sei Dank war Doris, die Orthopädie-Technikerin, so geduldig!

Und um Haaresbreite hätte auch hier wieder die Auszahlung nicht geklappt, weil überall im Land die Banken einfach nicht mehr flüssig genug sind. D. h. , sie haben nicht genug Banknoten vorrätig!

Seit wenigen Tagen nun hat Arthur seine zweite Rate bezahlt und es fehlen noch gut 500.- US-Dollars, bis er endgültig seine Beinprothese erhält.

16. Januar 2018

Es hat für europäische Verhältnisse sehr lange gedauert, bis wir eine Reaktion von Arthur Kollie erhielten. Wir hatten ihm durch unsern Supervisor Nelson Sarpeh mitteilen lassen, daß wir ihm eine Beinprothese finanzieren können, als Dank, daß er sich beim Clinic-Neubau so engagiert hat. Doch forderte unser Schatzmeister hierzu einen Kostenvoranschlag. Monate später nun erhielten wir diesen. Der Grund ist für uns in Deutschland nicht so schnell ersichtlich:

  • Man kann die Bürger in Yarbayah nicht so einfach anrufen, weil es dort nur an zwei quadratmeter-großen Stellen Empfang für Mobiltelefone gibt.
  • Diese Mobiltelefone können nur an Donnerstagen mit Strom geladen werden, wenn ein Mann mit Generator zu eben diesem Zweck dort seinen Stand aufbaut.
  •  Und die Gebühr zum Laden des Telefons muss die Familie auch erst übrig haben.
  • Nachdem Nelson mit dem Motorrad zu Arthur in den Busch gefahren ist, hat Arthur es geschafft, sich Geld zu leihen, um mit Sammeltaxis in die weit entfernte Stadt zu fahren. Dort war er im J.F.-Kennedy-Hospital, dem einzigen Ort im Land, wo Prothesen hergestellt werden und hat die ersten Vorbereitungen treffen können.

Im März, wenn wir persönlich in Liberia sind, können wir dann zu einer Realisierung seines Traums schreiten.

30. Oktober 2017

Als in der Regenzeit des Jahres 2016 der Neubau unseres Clinicgebäudes in Yarbayah durchgeführt wurde, hatten wir größte Probleme, die Bürger des Ortes zur aktiven Mitarbeit zu motivieren.

Einer der Gemeinderäte, dort Senior Elder genannt, hat sich in allerhöchstem Maße verdient gemacht, indem er immer wieder die Bewohner ansprach und teils sogar selbst mit gutem Beispiel voran ging.

Dies ist umso mehr zu achten, da dieser Mann, Arthur Kollie genannt, schwer gehandicapt ist. Bei einem Jagdunfall vor einigen Jahren löste sich ein Schuß aus der umgehängten Schrotflinte und so musste sein Bein in Ermangelung eines erfahrenen Chirurgen amputiert werden. Das ist umso tragischer, da es in Liberia keinerlei staatliche oder sonstige Hilfen gibt für derartige Fälle.

Wir möchten Arthur Kollie danken für die maßgebende Mithilfe an unserem Clinic-Neubau, indem wir ihm einen Traum erfüllen, – eine Beinprothese.

Einen Laptop mit TV-Funktion hat er bereits erhalten. Doch wäre eine Rehabilitierung mittels eines künstlichen Beins ein nicht zu beschreibender Schritt für ihn wieder zurück zu einem halbwegs normalen Leben.

Dazu haben bereits etliche Spender in Deutschland mitgeholfen. Wir danken ihnen in Arthurs Namen dafür!

Hier möchten wir Sie darüber auf dem Aktuellen halten, wie in diesem medizinisch extrem unterentwickelten Land Arthur wieder geholfen wird.

Arthur Kollie, Senior Elder in Yarbayah

Arthur Kollie, Senior Elder in Yarbayah

Die Folge eines tragischen Jagdunfalls

Die Folge eines tragischen Jagdunfalls

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